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Dienstag, 24. Dezember 2019

Adventseier der Männergemeinschaft 2019

 
Herr Schramm fragte mich, ob ich hier in der Adventsfeier aus indischer Perspektive eine kurze Rede halten oder Ihnen einen Impuls mit auf den Weg geben könne. Zunächst dachte ich, dass ich nichts besonders aus indischer Perspektive für eine Adventfeier weitergeben kann, da Jesu in Indien und in Deutschland die gleiche Person ist. Für die Deutschen sowie für Inder ist Jesus ein gebürtiger Jude, ein Ausländer und Semiter, fast genauso wie der hl. Nikolaus ein Türke war oder der hl. Augustinus, ein Nordafrikaner. Im Land Jesus selber und in Ländern vieler früheren Heiligen des Christentums, wie Nikolaus und Augustinus, sind die christlichen Wurzeln in ihren eigenen Ländern fast verloren und in Westeuropa steht das Christentum im Überlebenskampf. Der Advent als Zeit des Neuanfanges und als Zeit eines neuen Kirchenjahres könnte als Zeit des Nachdenkens genutzt werden, um zu überlegen, warum das Christentum für Westeuropa nicht mehr attraktiv ist.

Ich möchte heute Abend aber keine Antwort für diese Frage finden, sondern als Frage für das Nachdenken für das ganze Jahr offenlassen.
Interessant und passend wäre vielleicht, über einige adventliche Sitten und Traditionen in meiner Heimat zu reden. Über zwei solcher Sitten aus meiner Kindheit möchte ich erzählen.

Eine davon ist die Sitte, der Weihnachtsblumen oder Jesuskind Blumen, die damals wir Kinder gepflückt haben und in die Krippe legten. Diese Art der Blumen blüht erst in der Weihnachtszeit, zwischen dem 15. Dezember und dem 15. Januar. Die Pflanze sieht wie ein dünner trockener Ast aus und an der Spitze dieses ca. 30 cm langen Stockes bilden sich viele kleine Blüten, ganz weiß, die fast wie ein Bündel von kleinen wunderschönen Blumen wird, vergleichbar mit hiesigen Blüten wie Maiglöckchen. Die Pflanze wächst aber nicht am Boden, sondern auf Bäumen sie trägt keine Blätter, nur Blüten. Es gibt eine Legende über diese Weihnachtsblumen. Als Joachim und Anna ihre Tochter Maria zur Heirat schicken wollten, haben Sie angekündigt, dass ihr hübsches Mädchen nur Derjenige heiraten darf, der so einen Ast bringt. Von den antragenden jungen Männern kann sie heiraten, dessen Ast zuerst blüht. Alle jungen Männer in der Gegend wollten Maria heiraten, weil sie jedem gut gefallen hat und sie versuchten, sehr schnell wachsende Äste zu bringen. Der einfache Zimmermann Joseph fühlte sich zu demütig und nicht würdig, so ein schönes Mädchen zu heiraten, aber um mit allen anderen jungen Männern mitmachen zu können, sonst wäre er unter den Bekannten isoliert, brachte er einen ganz trockenen Ast. Doch der Wille Gottes war anders. Dieses trockene Holz hat zuerst geblüht. Als Joachim und Anne die schönen weißen Blumen am Ast Josephs sah, wollten sie Joseph Maria zur Frau geben und organisierten die Verlobung. Seit der Verlobung Josephs mit Maria hat dieser Ast jedes Jahr zum Geburtstag Jesu wieder geblüht und deswegen finden wir diese Blumen in der Weihnachtszeit und schmückten damit die Krippen.

Eine zweite Legende über Weihnachten in Indien betrifft das Weihnachtsgras. Es gibt eine bestimmte Sorte Gras, die meistens in der Weihnachtszeit ca. 50 cm lang wird, was sehr schön aussieht. Als Kinder haben wir dieses Gras geschnitten und in die Krippe gelegt. Die Legende dazu ist folgende. Jesus wurde im Stall geboren. Er hatte kein Bett, nur ein Bündel Gras als Kopfkissen und Gras um sich als Unterlage. Als er geboren werden sollte, war das Gras um Jesus besonders schön. Obwohl Jesus im Stall geboren wurde, war sogar das Gras im Stall strahlend schön, weil Jesus kein normales Kind war, sondern Gottes Sohn. Die ganze Natur und die Tiere konnten es spüren und daher wirkte die ganze Umgebung außerordentlich schön. Seitdem wächst in der Weihnachtszeit solches Gras und wir legten diese Art von Gras in die Krippe und betteten darauf die Figur des Jesuskindes. Die Weihnachtsblumen und das Weihnachtsgras waren für uns Kinder damals mindestens genauso wichtig, wie heute in Deutschland der Adventskalender, der Adventskranz, das Plätzchenbacken, die Weihnachtsmärkte, was ich in Indien nicht gekannt habe. Aber wie ich kürzlich erfahren habe, gab oder gibt es noch auch in Deutschland alte Traditionen und Bräuche zur Vorbereitung auf Weihnachten, z. B. dass die Kinder bei jeder guten Tat einen Strohhalm für das Jesuskind zur Lagerung in die Krippe legten oder auch, dass eine Marienfigur in der Adventszeit von Haus zu Haus getragen wurde und in jedem Haus einige Tage weilte. Sie könnten bestimmt noch von anderem früheren oder heutigen Brauchtum berichten.

Die Adventszeit ist in Kerala eine Fastenzeit. Leute fasten, beten und versuchen jeden Tag einen Gottesdienst zu besuchen. In der Adventszeit besuchen auch mehr Christen als in der übrigen Zeit den Werktaggottesdienst und viele Christen verzichten in der Adventszeit für 25 Tage auf Fleisch und Fisch aus religiösen Gründen. Da Fleisch und Fisch ziemlich teuer sind, sparen sie dadurch auch Geld. Aber die Rede ist heute nicht über das Sparen, sondern über die Vorbereitung auf das Weihnachtsfest, um Gott, der im Jesuskind Menschengestalt angenommen hat, würdig empfangen zu können. Ich wünsche uns allen, dass wir den menschgewordenen Gottessohn in diesen Tagen erfahren dürfen und uns von der Gemeinschaft mit ihm und untereinander beschenkt fühlen. In diesem Sinne Ihnen und Ihren Angehörigen eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit und ein angenehmes Beisammensein. Danke für die Einladung

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