Fronleichnam
2016-05-21
Zum
heutigen Festgottesdienst anlässlich des Fronleichnamsfestes begrüße ich Sie
sehr herzlich. Begrüßen möchte ich besonders die Fahnenabordnungen und
Mitglieder der Vereine und alle die an der Vor- oder Nachbereitung des Festes beteiligt
sind.
Es
war vor 770 Jahren, genau gesagt 1246, dass im Bistum Lüttich durch eine
Vision der heiligen Juliana von Lüttich, der erste Fronleichnamsgottesdienst
stattfand. 1264 wurde dieses Fest des Leibes und Blutes Christi offiziell von
der Kirche anerkannt und eingeführt. Dieses Fest mit der eucharistischen
Prozession soll ein Anlass sein, unseren Glauben an Christus erneut zu bekennen
und ihn vor den Menschen zu verkünden. Lasst uns Jesus bitten, dass er uns mit
tiefem Glauben und fester Überzeugung durch die Weisung Gottes führt und hilft
ihr zu folgen.
Predigt
Während
unserer Pilgerreise nach Israel im April dieses Jahres besuchten wir Tabgha,
ein bedeutender Ort am Nordufer des Sees Genezareth. Tabgha ist die Stätte, wo
Jesus mit fünf Broten und zwei Fischen fünftausend Menschen sättigte. Nach dem
Bericht der Evangelisten haben die Jünger Jesu mit den übrig gebliebenen
Brotstücken zwölf Körbe voll eingesammelt.
Obwohl
in Tabgha im 4. und 5. Jahrhundert Kirchen gebaut wurden, wurden diese
später zerstört.
Aber
von 1980 bis 1988 haben die Kölner Architekten
Anton Goergen und Fritz Baumann auf den Grundmauern aus dem 5. Jahrhundert
eine schöne Kirche im byzantinischen Stil errichtet, die wir
Brotvermehrungskirche nennen. Bei unserem Besuch feierten wir nach der
Besichtigung dieser Brotvermehrungskirche im selben Gelände am See
Genezareth auf einem Altar im Freien die
heilige Eucharistie. Nach dieser Eucharistiefeier waren meine Gedanken bei der
ungewöhnlichen Art der Worte und Taten Jesu. Auch die Menschen
seiner Zeit fanden die Worte und die Taten Jesu ungewöhnlich.
Es
war ungewöhnlich und schwer zu verstehen, an Menschen Brot zu verteilen
und zu sagen, das ist mein Fleisch und zum Wein zu sagen, das ist mein Blut.
Damalige wichtige Nahrungsmittel und Getränke zu Festlichkeiten mit eigenem
Fleisch und Blut zu vergleichen und zu eigenem Fleisch und Blut zu verwandeln,
war unvorstellbar und ungewöhnlich. Aber die Erfahrung mit vielen Wundertaten
Jesu wie Kranke zu heilen, Tote zu erwecken oder auf dem Wasser zu gehen,
brachte die Überzeugung bei seinen Jüngern, dass bei Jesus nichts unmöglich
sein kann. Die Auferstehung Jesu, die Himmelfahrt, sein Versprechen bis
zum Ende der Welt bei uns zu sein oder seine Gegenwart im Zeichen von Brot und
Wein, zeigen, dass Jesus nicht nur ungewöhnlich redet und tut, sondern dass er
menschlich Unvorstellbares tun und bewirken kann.
In
den Worten und Taten Jesu erleben wir seine Liebe, seine Menschlichkeit, seine
große Barmherzigkeit und sein Wille und die Bereitschaft sich für die Nöte der
Menschen hinzugeben. Die Hingabe Jesu durch seine Worte und Taten, vor allem
durch sein Leiden und seinen Tod erleben wir im Zeichen von Brot und Wein, in
der heiligen Eucharistie.
Die Christen glauben, dass die Brotvermehrung und Sättigung
von fünftausend Menschen mit fünf Broten und zwei Fischen und die Verwandlung
von Wasser in Wein bei der Hochzeit von Kana ein Vorgeschmack der
Abendmahlfeier am Gründonnerstag und der Feier der Eucharistie waren. Alle
Wundertaten Jesu und die ganze Botschaft seiner Verkündigung können wir als
Vorankündigung seiner Worte und Taten beim letzten Abendmahl verstehen. Das
letzte Abendmahl war der Höhepunkt seiner Botschaft und seiner Wundertaten. Mit
den Worten: „Tut dies zu meinem Gedächtnis“, hat Jesus uns befähigt seine große
Hingabe beim letzten Abendmahl zu erleben.
Die
Hingabe Jesus, die wir in der heiligen Hostie erleben, motiviert uns, den Sinn
unseres Lebens darin zu finden, dass wir uns für das Wohlwollen unserer
Mitmenschen einsetzen. Das tun die meisten selbstverständlich im engen Kreise
der Familie und der Freunde. Wenn diese Hingabe diesen engen Kreis hinausgeht
und sogar Fremde und Unbekannte einschließt, dann ist es eine Hingabe im Sinne
Jesu. Jesus lädt alle ein zur Erfahrung seiner Liebe und seiner Barmherzigkeit.
Die heilige Eucharistie ist das Zeichen seiner Gegenwart, seiner Liebe und
seiner Barmherzigkeit.
Heute
haben wir die Gelegenheit der Welt zu zeigen, dass wir Christen sind und den
Auftrag Jesu an seine Jünger, gebt ihr ihnen zu essen, auch für uns heutige
Christen zu erfüllen. Wenn jemand uns fragen würde, ob 81 Millionen Menschen 1
Million Flüchtlinge ernähren könnten, müsste die Antwort lauten, theoretisch
ist das machbar. Die Frage, ob die fast 50 Millionen Christen die neuen
Gäste von der Liebe und der Gegenwart Gottes unter uns überzeugen könnten
und die Interessierten in die Gemeinschaft der Liebe und der Barmherzigkeit Jesu
einladen könnten, wäre eigentlich auch mit ja zu beantworten. Bei der Frage ob
wir 50 Millionen Christen für die Religionsfreiheit und gegen Verfolgung im
Namen der Religion was tun können, wäre die Antwort auch grundsätzlich ein
Ja, vorausgesetzt, dass wir unseren Auftrag als Christen ernst
nehmen.
Heute ist die Zeit für
uns in der Eucharistie das Zeichen seiner Gegenwart, seiner Liebe und seiner
Barmherzigkeit zu erfahren und die Menschen dazu einzuladen. Durch die heutige
Fronleichnamsprozession bezeugen wir, dass wir den Menschen
draußen die Gegenwart Gottes verkünden wollen und seine Liebe und
Barmherzigkeit durch Worte und Taten zeigen wollen und zu dieser
unserer Erfahrung Gottes viele Interessierte einladen
möchten. Mit diesen Gedanken lade ich Sie alle herzlich ein,
anschließend an den Gottesdienst zur würdigen, andächtigen Teilnahme in
der eucharistischen Prozession.