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Montag, 17. April 2017

Karfreitag 2017

In der Karfreitagsliturgie ist die Verlesung der Passion Jesu, die wir eben hörten, der wichtigste Bestandteil. In diesem Bericht begegnen wir verschiedenen Personen, wie Pilatus, Petrus, Herodes, Kajaphas, Hannas, Judas, Soldaten, Johannes, Maria von Magdalena, Maria der Mutter Jesu, dem Hauptmann, Veronika, je einem Räuber auf der rechten und der linken Seite des Kreuzes Jesu und Joseph von Arimathea, um einige von ihnen zu nennen. Keiner von diesen verschiedenen Persönlichkeiten konnte den Tod Jesu verhindern, obwohl alle von der Unschuld Jesu wussten. Vom Urteil über Jesus bis zu seinem Tod gab es verschiedene Stationen und Ereignisse, insbesondere die Stationen des Kreuzweges, die uns die Intensität des Leidens und des Sterbens Jesu nahe bringen.  Einige davon zu nennen sind, der Verrat, die Verurteilung und Hinrichtung, der Kreuzweg, das Hinfallen mit dem Kreuz, die Begegnung Jesu mit den Frauen in Jerusalem, die Annagelung und die Kreuzigung und der Tod Jesu am Kreuz.
Unter diesen Bildern und Szenen berührte mich in den letzten Tagen das Bild vom verstorbenen Jesus auf dem Schoß seiner Mutter Maria. In den Evangelien lesen wir über dieses Ereignis nichts, sondern wir lesen dort, dass Joseph von Arimathea Pilatus bat, den Leichnam abnehmen zu dürfen und Nikodemus brachte eine Mischung aus Myrrhe und Aloe, umwickelten ihn mit Leinenbinden und bestatteten Jesus in einem Grab im Garten in der Nähe.

Der Leichnam Jesu auf dem Schoß Maria ist eine Überlieferung, die im Mittelalter durch Andachtsbilder verbreitet wurde. Als 1498 Michelangelo durch den Auftrag eines französischen Kardinals dieses Thema aufgriff und die Pieta aus Marmor darstellte, zu sehen im Petersdom in Rom, wurde dieses Thema durch die Besonderheit des Themas und der Feinheit der Darstellung weltweit bekannt.
Diese weltberühmte Klassik von Michelangelo aus Marmor wird heute aus verschiedenen   Werkstoffen  nachgemacht, weil die Menschen von dieser Darstellung sehr berührt und bewegt wurden.

Eine Darstellung vom Kind Jesu auf dem Schoß Marias ist uns leicht vorstellbar und so eine Darstellung macht uns Freude. Aber die Darstellung des erwachsenen Leichnams Jesu, der  33-jährig auf dem Schoß der Mutter Maria ruht, macht uns traurig, schmerzhaft und erschreckend. Es ist eine Abbildung von der bekleideten Mutter Maria mit einem  fast unbekleideten Jesus auf dem Schoß, wie es im Vertrag mit Michelangelo stand. Wenn wir diese Statue von Michelangelo genau betrachten, erleben wir, das es nicht nur um den Schmerz  der Mutter über den Tod ihres 33-jährigen Sohnes geht, sondern auch um viele theologische und spirituelle Bedeutungen der Heilsgeschichte. Z.B. Maria, die Mutter Jesu wird als Pieta viel jünger dargestellt als ihr Sohn, Maria wird als ein junges Mädchen dargestellt und Jesus als ein 33-jähriger Mann. Das bemerken wir, wenn wir in das Gesicht Marias der Pieta schauen. D.h. eine Darstellung aus Marmor von einem 33- jährigen fast nackten Mann auf dem Schoß eines Mädchens an einem öffentlichen Ort; Es könnte als ein Skandal für einen normalen Menschen interpretiert werden. Genauso könnte die Statue eines fast nackten Mannes am Kreuz in öffentlichen Räumen als Skandal interpretiert werden.  Diese Interpretation und diese Skandale sind heute keine Theorie mehr, sondern eine Wirklichkeit, die die Politiker oder kritische Gruppen wahrnehmen und entsprechend solche Gegenstände aus öffentlichen Orten entfernen lassen.

Wenn wir außerhalb des Christentums die verschiedenen Darstellungen aus Weltreligionen betrachten, erleben wir ähnliche Darstellungen überall in allen Weltreligionen, wie im Christentum. Im Hindu Tempeln gibt es sogar viele erotische Darstellungen. Wenn die Gläubigen solche Darstellungen sehen, ist es für sie nicht skandalös, sondern sie sehen es nicht mit rein materialistischen Augen, sondern im Hintergrund ihres religiösen Glaubens und der religiösen Erfahrung, die ihnen Mut und Kraft für den Alltag schenken. Für uns gläubige Christen sind Kruzifix und Pieta die schönsten und tiefsten Darstellungen der Heilsgeschichte und des Heilsplan Gottes.

Am letzten Sonntag habe ich in meiner Heimatkirche die heilige Messe gelesen und am Montag und Dienstag auch die Werktagsgottesdienste dort zelebriert. Es war interessant zu sehen, dass aus einer Gemeinde mit 4.000 Katholiken für den Werktagsgottesdienst frühmorgens um 6.30 Uhr über 350 Leute kamen. Am Abend mit der Familie zu beten und zum Gottesdienst zu gehen sind für die Menschen sehr wichtig, was in Deutschland vor 70 Jahren vielleicht auch noch selbstverständlich war.

Wenn der Glaube an Gott und die religiöse Praxis und Erfahrung im eigenen Leben wegfallen, werden wir religiöse Glaubenswahrheiten und religiöse Darstellungen nicht mehr verstehen und sie sogar als störend oder als Skandal empfinden. 

Unsere Gesellschaft ist so weit, dass manche Menschen sich trauen, sogar gegen unsere Glaubenspraxis zu protestieren, die zu unserer Kultur und unserer Identität gehören. Den christlichen Glauben zu bewahren bedeutet, religiöse Identität zu bewahren, was ich für wichtig halte.  Am Karfreitag dürfen wir uns  bewusst zur Leidensgeschichte und zu Jesus am Kreuz bekennen und bezeugen, dass wir Christen sind und wir unseren christlichen Glauben und die christliche Kultur bewahren wollen.


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