Predigt
Liebe österliche Festgemeinde!
Vor drei Monaten bin ich für eine Woche in mein Heimatland
geflogen um einen alten, kranken Onkel zu besuchen, den ich vor 12 Jahren
zuletzt besuchte. Da es ein Überraschungsbesuch war, wusste er nicht, dass ich
komme.
Als ich in sein Zimmer eintrat, sagte ich ihm, ich bin Josef,
dein Neffe. Sein Sohn erklärte ihm ebenso, Joseph, dein Neffe ist
gekommen, dich zu besuchen. Der Onkel erwiderte: „Ihr sollt mit mir solchen
Spaß nicht machen“. Er erkannte mich nicht. Da er es nicht glauben konnte,
erzählte ich ihm über einige gemeinsame Unternehmungen, während meiner Jugend
und über eine besondere gemeinsame Fahrt in eine Großstadt. Er sagte dann, dass
alle diese Erzählungen wahr seien und diese Zeit mit seinem Neffen sehr gut
war. Aber sein Neffe lebe nicht im Land, er sei irgendwo weit weg als Pfarrer
tätig, wahrscheinlich in Deutschland. Er kenne seinen Neffen Joseph gut und
würde ihn sofort erkennen. Er habe sogar mit ihm in früheren Jahren
einiges gemeinsam unternommen. Mit seinem Namen und Geschichten über ihn, sollt
ihr nicht versuchen mich zu täuschen.
Als er mich endlich erkannte, hat er geweint und sagte, dass es
ihm sehr leid tue, mich nicht gleich erkannt zu haben.
Als ich das heutige Evangelium las und die Geschichte der
Emmausjünger zu verstehen versuchte, dachte ich von der Seite Jesu, die
Situation seiner Auferstehung zu verstehen. Jesus geht mit seinen Jüngern, die aus Angst vor Juden nach dem Tod Jesu
aus Jerusalem nach Emmaus fliehen wollten und redet mit ihnen über Jesus und versucht sie zu überzeugen, dass Jesus leiden und
sterben musste. Jesus erklärt es mit Hilfe der heiligen Schriften der Juden,
die diese Jünger als Offenbarung Gottes glauben und wahrnehmen. Trotzdem
erkennen sie Jesus nicht, den sie sich als ihren Retter und Erlöser vorstellen,
auf ihn ihre ganze Hoffnung setzen und mit dem sie unterwegs waren. Nicht nur
diese Jünger, die aus Jerusalem nach Emmaus gingen, sondern sogar Maria
Magdalena, bei der Jesus öfter zu Gast war und deren Bruder Lazarus Jesus von den Toten erweckte, hielt ihn für den
Gärtner, als der auferstandene Jesus ihr erschien. Als die Emmausjünger, nach
dem sie Jesus beim Brotbrechen erkannten, nach Jerusalem zurück kehrten und im
Jüngerkreis darüber redeten, erschien ihnen der auferstandene Jesus in ihrer
Mitte und sagte ihnen, Friede sei mit euch. Dann hatten sie große Angst und
meinten, einen Geist zu sehen. Die Emmausjünger haben Jesus als einen
Fremden betrachtet, Maria Magdalena sah ihn als den Gärtner und der
Apostelkreis meinte ihn als einen Geist zu sehen und sie hatten große Angst.
Dass mein alter kranker Onkel, mich nicht gleich erkannte, kann
ich gut verstehen. Aber dass die sehr vertrauten Jünger Jesu, die seit drei
Jahren immer bei ihm waren, nach dem Versuch der Machthaber, Jesus zu
vernichten, ihn in einem Zeitraum von drei Tagen nicht mehr erkennen, ist für
mich schwer verständlich.
Ich frage mich, ob der auferstandene Jesus sich so verändert
hat, dass sogar seine Jünger und Freunde ihn nicht mehr erkennen können? Diese
Denkweise finde ich nicht für wahr. In drei Tagen kann Jesus sich nicht radikal
verändern und unerkennbar für die Jünger sein, obwohl er durch die Passion und
das Leiden viel gelitten hat und sein Körper sehr verwundet wurde.
Wir lesen im heutigen Lukasevangelium, dass die Emmausjünger die
Schrift nicht erkannt hatten, dass der Messias auferstehen musste und sie, wie mit Blindheit geschlagen wurden.
Sie haben sogar nicht erkannt, dass ihr Herz brannte, als Jesus unterwegs
mit ihnen redete und ihnen den Sinn der Schrift eröffnete.
Nicht nur die Emmausjünger, auch Maria Magdalena und alle Jünger
Jesus waren aus Furcht und Angst, Sorge um die Zukunft und Unsicherheit wie von
Blindheit getroffen. Aber in kurzer Zeit haben sie durch das Brotbrechen
in der Gemeinschaft oder durch das Kommen des Geistes ihre Blindheit
überwunden, den Auferstandenen erkannt und sich mutig für ihn entschieden.
Der auferstandene Jesus ist über Zeit und Raum ewig lebendig und
er ist auch heute unter uns. Er ist unter uns in unerwarteten Zeiten und
überraschend gegenwärtig in unerwarteten Anlässen. Wir erkennen ihn oft
nicht, weil wir wie die Jünger
Jesu damals aus Sorgen und Angst, aufgrund der Beschäftigung mit uns selbst,
wie mit Blindheit getroffen. Lasst uns die Feier des Osterfestes zum Anlass nehmen, im Alltag dieses Jahres in der Begegnung mit unseren Mitmenschen unsere Augen zu
schärfen um den Herrn unter uns zu erkennen. Er ist immer unter uns. Um ihn zu erkennen, sollten wir unseren christlichen Glauben bezeugen und wachsam sein.