Am Ostermontag hören wir jedes Jahr die Geschichte der zwei
Jünger Jesu die am Ostersonntag von Jerusalem nach Emmaus gingen und am selben
Tag von Emmaus nach Jerusalem zurückkamen, um den anderen Jüngern zu berichten,
dass sie unterwegs dem auferstandenen Jesus begegneten. Bevor sie nach Emmaus
aufbrachen, wussten sie schon die Nachricht über die Auferstehung Jesu und
redeten unterwegs darüber, aber sie waren nicht überzeugt. Bei der Rückkehr
nach Jerusalem erleben diese beiden Jünger die Versammlung der 11 Apostel und
diese sagten: „Der Herr ist wirklich auferstanden und ist dem Simon
erschienen.“ Da erzählten auch sie, was sie unterwegs erlebt hatten.
Als ich dieses Evangelium wieder las, versuchte ich drei Fragen
zu beantworten.
Erstens: Wo liegt das Dorf Emmaus, das 60 Stadien entfernt von
Jerusalem ist, sechzig Stadien sind nach römischer Messung 11.5 Kilometer.
Obwohl die Strecke nicht kurz ist, kann man sich vorstellen, dass die beiden
Jünger am selben Tag 11.5 Kilometer hin und danach zurückgehen konnten. Amwas, Abu Gosch und El Qubeibeh sind drei Orte oder drei Dörfer die in Frage kommen könnten. Eusebius von Caesarea und Hieronymus berichten im 5.
Jahrhundert, dass Emmaus der Ort Anwas sei, aber Anwas liegt 160 Stadien
entfernt, etwa 32 Kilometer und es ist nicht vorstellbar, dass die Jünger am
selben Tag die ganze Strecke hin und zurück zu Fuß gingen. Abu Gosch würde von
der Entfernung her passen, aber der Ort hat einen ganz anderen Namen und
Tradition. Der dritte Ort ist nur dreißig Stadien entfernt, nicht sechzig, etwa
6 Kilometer. Deswegen gibt es keine genaue Einigung über den Ort Emmaus, den
wir nur im Lukasevangelium finden. Doch diese Ungenauigkeit mit der Geographie
hat mit dem Inhalt der Geschichte nicht viel zu tun.
Zweite Frage: Warum haben die Jünger Jesus Christus nicht gleich
erkannt, obwohl sie die Jünger Jesu waren, und Jesus mit ihnen ging und mit
ihnen redete. Man fragt sich, ob die Erfahrung der Emmaus Jünger mit Jesus,
unterwegs vielleicht ungenau und nicht eindeutig war. Sie haben bestimmt etwas
gehört und gespürt und das griechische Wort „erschienen“ benutzt für diese
Erfahrung unterwegs. Wahrscheinlich schien die Erscheinung ihnen, als ob jemand
mit ihnen lief und redete, aber so genau konnten sie es nicht
erkennen. Auch Maria von Magdala erkannte den Auferstandenen Jesus
zunächst nicht, sie dachte, er wäre der Gärtner.
Der Apostel konnte auch nicht die Berichte über die Auferstehung
glauben, da dort auch welche Genauigkeiten fehlten. Obwohl sie den
auferstandenen Jesus sehen, hören, berühren und sogar mit ihm essen konnten,
war er nicht der gleiche Jesus, der mit ihnen gelebt hatte, sondern der
Auferstandene. Um ihn zu sehen, zu hören, zu erleben, haben die Jünger eine
besondere Gnade gebraucht, obwohl der Auferstandene immer bei ihnen war. Er
sagte: „Ich bin bei euch alle Tage“. Das heißt, nicht nur heute, auch damals
war es nicht selbstverständlich, den Auferstandenen gleich zu sehen oder beim
Sehen gleich zu erkennen, auch wenn er mit ihnen geht und mit ihnen redet.
Diese Gnade, den Auferstandenen zu erkennen, ihn zu sehen, ihn
zu spüren und ihn zu erleben, dürfen wir auch heute erfahren. Im Gebet oder in
der Feier der Liturgie hören wir ihn und spüren ihn. Aber genau zu sehen und zu
erleben und überzeugt zu werden, benötigen wir eine besondere Gnade und einen
besonderen Segen. Es gibt viele Menschen unter uns, die diese besondere Gnade
bekommen haben.
Drittens, warum konnten sie Jesus beim Brotbrechen erkennen?
Unterwegs hat Jesus mit ihnen geredet, d.h. bei der Predigt
haben sie ihn nicht erkannt. Jesus hat sogar eine Wanderpredigt oder
Osterpredigt gehalten und die ganze Erlösungsgeschichte der Bibel von Mose bis
zu den Propheten erzählt, trotzdem konnten sie ihn nicht erkennen. Beim
Brotbrechen aber erkannten sie ihn. Parallel gibt es die Geschichte von der
Erscheinung Jesu am See in Genezareth beim Grillfrühstück mit Jesus. Über
die Emmaus Jünger steht im Evangelium: „Doch sie waren wie mit Blindheit
geschlagen, so dass sie ihn nicht erkannten.“ Mit dieser
Blindheit ist nicht eine Blindheit der Augen und keine
intellektuelle Unfähigkeit, sondern eine Blindheit des Herzens gemeint, eine
Unfähigkeit aufgrund traumatischer Ereignisse.
Als sie das Dorf erreichten zu dem sie unterwegs waren, heißt es
im Evangelium weiter: „Jesus tat, als wolle er weitergehen, aber sie drängten
ihn und sagten: Bleib doch bei uns; denn es wird bald Abend und der Tag hat
sich schon geneigt. Da ging er mit hinein um bei ihnen zu bleiben.“ (V.28-29).
Das Wort Bleiben ist dasselbe, das Jesus in
seiner Abschiedsrede verwendet. Das Wunder des Erkennens und des Anerkennens
geschieht im „Bleiben“. Bleiben wir beim Herrn, dann werden wir ihn erkennen.