Predigt
Liebe Festgemeinde,
während unserer
Gemeindereise nach Moskau letzte Woche besuchten wir eine Kunstgalerie, in der
wir eine Ikone der Dreifaltigkeit vom berühmten Künstler Andrej Rubljow betrachtet haben. Die Dreifaltigkeit Gottes
wird auf dieser Ikone von drei Engeln dargestellt, die uns an den
alttestamentlichen Besuch von drei Engeln bei Vater Abraham erinnerte. Alle
diese drei Personen sehen ähnlich aus und erscheinen alterslos. Der Haarstil,
die Körperhaltung, der Sitzmodus und die Kleider sind auch ähnlich. Alle haben
als Zeichen ihrer Majestät einen Stab in der Hand. Dagegen ist im Westen stark
verbreitet die Dreifaltigkeit dargestellt mit einem jungen Mann für Jesus,
Gottvater als alten Mann mit Bart und der Heilige Geist in Form einer Taube.
Bei der
Darstellung von Andrej Rubljow mit drei Engeln steht in der Mitte auf dem Tisch
ein Becher, der für die heilige Eucharistie steht.
Als ich diese Darstellung der Dreifaltigkeit mit drei Engeln und mit dem
Brot des Lebens, der heiligen Eucharistie in der Mitte betrachtete, konnte ich
nicht gleich erkennen, was die heilige Eucharistie mit der Dreifaltigkeit zu
tun hat. Obwohl wir nach dem Osterfest, dem Pfingstfest und dem Fest der
Dreifaltigkeit das große Fest der Eucharistie, das Fest Fronleichnam, Corpus
Christi, auch Hochfest des Leibes und Blutes Christi feiern, worin
besteht dann der Zusammenhang für den Künstler zwischen Eucharistie und der
Dreifaltigkeit, um diese Ikone so malen zu wollen. Später habe ich mir die
Frage umgekehrt gestellt, nämlich was wäre unser Glaube an die Eucharistie, an
das Brot des Lebens, ohne darin die Dreifaltigkeit zu sehen und zu erleben.
Wir
glauben an einen Gott, der als Vater, Sohn und heiliger Geist geoffenbart wird,
der in Jesus Christus uns Menschen als Mensch erfahrbar wurde, der als Zeichen
seiner ewigen Gegenwart unter uns im Zeichen des Brotes und in der Feier der
Brotbrechung sich offenbarte.
Wenn wir Eucharistiefeier
halten, die Kommunion empfangen oder die Eucharistie durch die Straßen tragen,
bekennen wir, dass wir die Dreifaltigkeit Gottes als einen einzigen Gott
erfahren und die Mitmenschen einladen an unserer Gotteserfahrung teilzuhaben. Wir
tun es für uns, aber auch als eine Einladung für unsere Mitmenschen.
Wir
erfahren in der Eucharistie die Gegenwart Gottes, die Gegenwart der
Dreifaltigkeit, diese Erfahrung Gottes in der Eucharistie ist keine Erfahrung
eines Teiles Gottes, sondern die Erfahrung des einen einzigen Gottes, Gott der
Dreifaltigkeit.
Ein
weiterer Gedanke über die Ikone der Dreifaltigkeit Gottes mit drei Engeln von
Andrej Rubljow war folgendes. Was wäre die Bedeutung dieser Ikone falls der
Maler anstatt des Bechers auf dem Tisch, als Zeichen der Eucharistie die Bibel
dargestellt hätte. Gott offenarte sich nicht nur durch das Brot des Lebens,
sondern auch durch das Wort, die Bibel. So eine Darstellung der Dreifaltigkeit
Gottes mit der Bibel in der Mitte könnte man als eine evangelische Darstellung
der Dreifaltigkeit Gottes bezeichnen. Ich habe gehört, dass im fünfzehnten
Jahrhundert die evangelischen Mitchristen an Fronleichnam, anstatt mit der
Eucharistie mit der Bibel durch die Straßen zogen. Später haben die
evangelischen Christen den Karfreitag und die Katholiken das Fronleichnamsfest
groß gefeiert.
Da wir
dieses Jahr der 500 Jahre Reformation gedenken, könnten wir uns
einigen zu sagen, dass Gott nicht nur nach unserer Vorstellung sich offenbarte,
sondern in verschiedenen Arten und Formen. Die Offenbarung
Gottes in der Eucharistie, im Zeichen des Brotes ist für die Katholiken die
Erfahrung der Gegenwart Gottes, die sie durch den Empfang der Kommunion und
durch die Prozession an Fronleichnam bekennen und bekannt geben möchten und
dazu die ganze Welt einladen. Die Katholiken aber glauben auch an die
Offenbarung Gottes in der Bibel und bekennen diesen Glauben. Das Wort und das Brot sind
die wichtigsten Medien der Gottesoffenbarung und Gotteserfahrung. Beide sind
kostbar, wir sollen mit Wort und Brot achtsam und gewissenhaft umgehen.