Predigt
Liebe Festgemeinde!
Das Patrozinium ist ein bedeutendes Fest für
eine Pfarrgemeinde. Der Patron oder die Patronin einer Pfarrgemeinde dient als
Vorbild für die Pfarreimitglieder und hilft als Fürsprecher und Anwalt bei
Gott. Deswegen bilden die Gemeindemitglieder natürlicherweise eine besondere
Bindung zu ihrem Pfarreipatron und suchen Schutz und Hilfe bei bedeutenden
Anlässen oder in Notsituationen ihres Lebens.
Im Fall unserer Pfarrgemeinde verehren wir als Patron nicht eine
einzige Person, sondern eine Gemeinschaft mit drei Personen, nämlich eine
Familie, Maria Joseph und Jesus, die heilige Familie.
Das Fest der Heiligen Familie wurde 1920 in
der katholischen Kirche in einer Zeit eingeführt , in der die Großfamilien in
Europa weniger wurden. In der Zeit nach dem ersten Weltkrieg begannen viele
Ehepaare nur noch zwei oder ein Kind zu haben. Durch diesen Wandel ging der
gemeinschaftliche Charakter einer Familie ein Stück verloren. Dazu kam, dass
die Berufsstätten der Männer außerhalb des Wohnortes der Familie lagen
und die Berufstätigkeit der Frauen auch ihre Auswirkung für die Familien hatte.
Durch die Einführung des Festes der Heiligen Familie und die Darstellung der
Familie von Jesus, Joseph und Maria als vorbildliche Familie wollte die Kirche
damals die Bedeutung der Familie hervor heben.
Die Gemeindemitglieder, die Familien haben,
wissen, was Familienleben bedeutet und daher können sie eine gewisse
Ahnung haben, wie es in der Heiligen Familie von Jesus, Joseph und Maria zuging.
Alle Menschen, die in einer Familie aufgewachsen sind, können auch ungefähr
ahnen, was alles in einer Familie passieren kann oder wie bedeutsam
Familie für die Entwicklung und Prägung eines jeden Menschen ist.
Am Fest der Heiligen Familie stelle ich mir
die Frage: Was für eine Familie war die Familie von Jesus, Maria und Joseph.
Hat alles in der Heiligen Familie super funktioniert? Waren die Aufgaben
verteilt: Joseph verdiente das Geld, Maria macht die Hausarbeit, Jesus half
Vater und Mutter oder haben Maria und Joseph Vieles gemeinsam gemacht, in der
Werkstatt, in der Küche, gemeinsam das Wasser am Brunnen geholt und alles
verlief bestens. Gab es Meinungsunterschiede zwischen Joseph und Maria,
Unzufriedenheit, haben sie sich manchmal gestritten und wieder geeinigt, gab es
unerfüllte Erwartungen oder Enttäuschungen als Ehepartner. Wir wissen darüber
leider nichts. Aber wir wissen, dass die heilige Familie in allen Situationen
ihres Lebens treu zusammen gehalten hat und dass die Eltern Joseph und Maria
nicht verschont blieben und auch Kummer und Leid wegen ihres Sohnes erfahren
mussten.
Die heilige Familie von Joseph, Jesus und
Maria war eine handwerkliche Familie mit Joseph als Zimmermann. Handwerker,
Architekten, Schreiner oder Zimmermann waren damals keine armen Leute. Aufgrund
vieler Bauunternehmungen von Römern und Griechen waren die Handwerker in der
Zeit Jesu sehr gefragt und ziemlich wohlhabend. Da wir keine Hinweise
über Mitarbeiter von Joseph haben, hatte er wahrscheinlich nur eine kleine
Werkstatt die nicht soviel Einkommen brachte.
Da Maria und Joseph im Tempel zu Jerusalem
statt einem Lamm nur zwei Tauben opferten, können wir davon ausgehen, dass die
Familie von Joseph und Maria bescheiden, einfach und ziemlich arm gelebt haben.
Welche Rolle die Großeltern von Jesus
gespielt haben, wissen wir aus der Bibel nicht. Über die Großeltern Jesu, von
der Seite Josephs finden wir den einzigen Hinweis im Stammbaum Jesu im
Matthäusevangelium, Kapitel eins. Über die Großeltern Jesu mütterlicherseits,
Großvater Joachim und Großmutter Anna kennen wir verschiedene Traditionen
und Legenden. Ob die Großeltern Jesus mit im Haus wohnten oder nicht, ob die
heilige Familie von Joseph Maria und Jesu nur aus drei Personen bestanden hat,
wissen wir nicht. Aber wenn es so gewesen wäre, war es für die damalige Zeit
ungewöhnlich. Wann der heilige Joseph verstarb und ob Maria und Jesus für
einige Zeit alleine waren, wissen wir auch nicht.
Wie die Erziehung von Jesus erfolgte steht
nicht geschrieben, aber wir wissen aus der Bibel, dass Jesus mit
zwölf Jahren drei Tage lang von seinen Eltern weg blieb und als sie ihn im
Tempel gefunden hatten, entschuldigt Jesus sich nicht, sondern fragt seine
Eltern, warum sie ihn suchten und es für ihn selbstverständlich sei, im Haus
seines Vaters zu sein. Nach dem heutigen Gesetz in einigen Ländern, machen sich
die Eltern strafbar, wenn ein zwölf jähriges Kind für drei Tage verschwunden
bleibt. Aber für Jesus war es damals einmal von den Eltern weg zu bleiben keine
Sonderregel. Joseph und Maria zeigten trotz der Sorge viel gegenseitiges Vertrauen,
dass ihr Kind bei Verwandten, Freunden oder Nachbarn sein könne.
Dass Joseph nicht der leibliche Vater von
Jesus war, hat wahrscheinlich keine große Rolle innerhalb der Familie gespielt.
Ob die Verwandten, Nachbarn und die jüdische Gemeinde davon wussten und diese
Tatsache für das gesellschaftliche Leben damals eine Auswirkung hatte, wissen
wir nicht. Bestimmt war es nicht einfach für Joseph, Maria und Jesus in der
damaligen Zeit ihre besondere Situation einer Familie zu bewältigen.
Die Herbergssuche in Bethlehem, die Flucht
nach Ägypten, die Rückkehr nach Nazareth, harte Arbeit zum Überleben, der Tod
von Joseph, die Zeit Jesu seit seinem zwölften Lebensjahr bis zum Beginn seines
öffentlichen Wirkens ab dem 30. Lebensjahr, alles ist nicht einfach gewesen.
Wenn wir die heilige Familie von Joseph,
Maria und Jesu mit einer Familie heute vergleichen, war die heilige Familie
nicht viel anders, wie eine Familie heute. Es hängt nicht davon ab, ob eine
Familie Probleme, unerfüllte Erwartungen und Bedürfnisse hat oder nicht,
sondern wie eine Familie und ihre Mitglieder mit allen Situationen und
Problemen umgeht und zusammen hält. Die heilige Familie von Joseph, Maria und
Jesus war eine Familie mit allen möglichen und vorstellbaren Problemen und
Krisen, aber sie konnte mit allen Situationen ihres Lebens gut und
vertrauensvoll umgehen, Lösungen für alle Probleme finden und in allen
Situationen als Familie zusammen halten. Deswegen ist diese Familie eine
heilige Familie und für uns ein Vorbild.
Ich wünsche allen Familien unserer
Pfarrgemeinde diese Gelassenheit in der Ehe, in der Erziehung der Kinder, ich
wünsche ihnen viel gegenseitiges Vertrauen und einen engen Zusammenhalt
wie bei der Heiligen Familie, Joseph, Maria und Jesus, die wir hier in unserer
Pfarrkirche als unsere Schutzpatrone besonders verehren.