Predigt am Karfreitag
Am Karfreitag hören wir jedes Jahr die Passionsgeschichte und
beugen die Knie vor dem Kreuz und glauben und sagen, wie Paulus: wir verkünden
Christus, den Gekreuzigten, (1Kor:1:23) Dieser Satz ist der älteste
geschriebene Text über die Kreuzigung und über das Kreuz Jesu. Paulus schreibt
weiter, dass dieser Jesus für die Juden ein Ärgernis und für die Griechen eine
Torheit ist. (IKor.1:23) Paulus schreibt auch sehr deutlich, dass Jesus für
unsere Sünden gestorben ist (1Kor.15:3; Gal. 1:3;). Er ist für uns gestorben,
sagt Paulus. (1Thes, 5:10; Rom.5:8) Eine andere Variante über den Tod und den
Grund des Todes Jesu in den Paulusbriefen sind: Jesus ist „für euch“ gestorben,
er ist „für uns“ gestorben; er ist „für viele“ gestorben oder „für alle“
gestorben. (1Thes 5:10; 2Kor. 5:14; Gal.1:3ff; Röm.5:6).
Diese Erfahrung des Apostels Paulus und seine Verkündigung wurde
bald in den vier Evangelien aufgenommen und später verkündigten es die
Kirchenväter und so wurde diese Verkündigung zur Lehre der Christen, mit dem
Bekenntnis, dass Jesus für unsere Sünden gestorben ist und er uns durch seinen
Tod die Erlösung gebracht hat.
Diese Verkündigung des ersten Jahrhunderts und die Erfahrung der
Apostel und der Kirchenväter ist heute noch unser Bekenntnis und unsere
Verkündigung. Am Karfreitag dürfen wir diese Liebe Christi in unserem Innersten
erfahren.
Gegen diese Erfahrung der Jünger Christi und der Verkündigung
der Kirche treten heutzutage viele Menschen auf, wie zum Beispiel in der
Fastenzeit dieses Jahres Jemand mir in einem
seelsorglichen Gespräch sagte, dass er nicht an so einen Gott glauben könne,
der für seine Sünden sterben musste. Er selber würde für seine Sünden büßen,
nicht Gott. Für dieses Gespräch konnte das Argument von St. Anselm von Canterbury,
dass die verletzte Ehre Gottes nur Gott wiederherstellen kann, nicht der Mensch
und deswegen Gott selber Mensch werden und sterben musste, keine Anerkennung
bekommen. Ich denke auch, dass so eine Denkweise die Kreuzigung Jesu nicht ganz
rechtfertigen kann.
Ich habe dann versucht zu sagen, dass Jesus Christus in seiner
Einstellung gegenüber dem Leiden, der Menschlichkeit, Barmherzigkeit,
Nächstenliebe, Hilfsbereitschaft und dem Gottesglauben das höchste Vorbild für
uns ist und diese Vorbildlichkeit, die sonst kein Mensch auf der Erde uns so
perfekt gezeigt hat, uns bewegt zu glauben, dass Jesus der perfekte Mensch sei
und deswegen nennen wir ihn Gott und Gottes Sohn. Mit dieser Antwort war mein
Gesprächspartner etwa ruhiger.
Ein zweites Gespräch und zweites Problem mit dem Leiden und Tod
Jesu, mit dem ich in der Fastenzeit dieses Jahres konfrontiert wurde, war die
Frage eines jungen Mannes, dass in dieser wissenschaftlich hochentwickelten
modernen Zeit, er nicht einen leidenden Christus als Gott erkennen könne und er
sich übrigens keinen monotheistischen Gott vorstellen könne. Ich fragte ihn,
was er mit dem monotheistischen Gott meine. Seine Antwort dazu war eine Frage,
ob wir uns einen Gott als Vater oder König, in der Hostie oder als Bruder
vorstellen müssen. Er sagte, Jesus als Gott anzuerkennen wäre für ihn kein
Problem, aber, er wissen wolle, wo lebt Jesus, im Himmel oder auf der Erde,
unter den Armen oder in den Schlössern, in einem selber im Herzen oder ob wir
ihn sehen mit einem christlichen Glauben als einen Gott, der sich entäußerte
und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich und der sich erniedrigte.
Dazu konnte ich erwidern, dass es von jedem Gläubigen abhängig
sei, ob er seinen Gott, der in Jesus offenbart wurde, in sich in den Herzen erkennt
oder als Gott der Vater und der Sohn.
Ich denke, das ist die Botschaft des Karfreitags. Der
gekreuzigte Jesus, der Sohn Gottes ist weder in Palästina oder im Himmel,
sondern unter uns. Die Kreuzigung, das Leiden und die Verlassenheit, die
Grausamkeit, Terror, Schmerz, Gewalt, Ungerechtigkeit sind auch heute
schreckliche Realität.
Wenn wir an die heutigen Kriegsgebiete denken, Nachrichten über
Terror und Gewalt in vielen Regionen der Welt hören, über Hungersnöte,
unerwartete schwerwiegende Krankheiten und Epidemien und Naturkatastrophen
wissen, werden wir überzeugt, dass es Grausamkeit und Terror gegen die
Gerechten und Unschuldigen immer auf der Welt gab und dass diese Verbrechen
heute mindestens so oft geschehen, wie in der Zeit Jesu. Es gibt viele
unschuldige Menschen die brutal leiden und sterben müssen, wie damals Jesus
sein Leben unschuldig hingab.
Jesus ist Gottes Sohn, weil Jesus in sich das
Leiden der Menschheit der Vergangenheit, Gegenwart und der Zukunft erlebt hat
und vorbildlich damit umgegangen ist. Durch die Lebenseinstellung Jesu sind die
Kranken, Alten, Armen, Schwachen wenigstens vor der Lehre der Christen in der
Gesellschaft genauso wichtig und würdig wie die Mächtigen und wie gesunde
Menschen. Wenn wir den Mut haben, wie Jesus, Leid anzunehmen und uns seine
Lebenseinstellung zu eigen zu machen, dann werden wir auch Söhne und Töchter
Gottes, wie Jesus selber und wir werden dann Gott in unseren Herzen finden.