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Samstag, 23. Mai 2015

Pfingsten 2015


Begrüßung
Zum Festgottesdienst am Pfingstfest, zum Geburtstag der Kirche, möchte ich Sie, liebe Gottesdienstgemeinde ganz herzlich begrüßen. Neben Weihnachten und Ostern gilt Pfingsten als eines der größten Feste des Christentums. Wir können das Pfingstfest sogar als das größte Fest der Kirche bezeichnen, weil an Pfingsten die heilige Kirche gegründet wurde. Falls es damals kein Pfingstereignis gegeben hätte, und die Apostel an diesem Erntedankfest bei verschlossenen Türen den Heiligen Geist in Feuerzungen nicht empfangen hätten und danach mutig ihre Erfahrungen und Überzeugungen nicht verkündet hätten und dafür sogar ihr Leben nicht hingegeben hätten, wären wir heute wahrscheinlich keine Christen. Deswegen wollen wir heute mit großer Dankbarkeit an alle Verkünder des Glaubens in den letzten 2000 Jahren denken und an diesem großen Fest für die Lebendigkeit der Kirche durch die Wirkung des Heiligen Geistes beten. In unser Gebet schließen wir ein, alle die in der Kirche aktiv sind, alle die der Kirche fern stehen und alle die aus der Kirche ausgetreten sind. Wir alle gehören zur heiligen Kirche und der Heilige Geist kann uns alle wieder zusammenführen. Wir beginnen den Gottesdienst mit dem Kyrieruf.


Predigt
Heute beginne ich die Predigt mit einem Witz.
Ein Franziskaner und ein Salesianer haben jede Woche abwechselnd beieinander gebeichtet. Als einmal der Salesianer zum Beichten kam, sagte der Franziskaner zu ihm: Mein Bruder, als Buße bete einmal den Rosenkranz und nach jedem Gesätz eine Allerheiligen-Litanei. Der Salesianer Pater war verärgert wegen dieser zeitaufwendigen Buße; aber er dachte, dass ihm etwas einfallen würde, wenn der Franziskaner die Woche darauf bei ihm zur Beichte komme.

Als der Franziskaner in der nächsten Woche bei dem Salesianer zur Beichte kam, sagte er am Schluss sehr väterlich, mein Bruder als Buße betest du ganz einfach einmal die Allerheiligenlitanei und nach jedem Heiligen einen Rosenkranz.

Sie lachen, weil sie den Witz verstanden haben. Aber es ist heute nicht selbstverständlich, dass alle unsere Mitchristen diesen Witz verstehen können. Um verstehen zu können reichen die Sprachkenntnisse oder die Kenntnisse der Bedeutung der ausgesprochenen Wörter nicht, sondern man muss auch die Bedeutung der Begriffe, wie den Rosenkranz und die Allerheiligenlitanei kennen.

Genauso ist es mit dem Sprechen und der Sprache. Eine Sprache sind nicht nur die Wörter, Sätze oder Kenntnisse der Grammatik, sondern die Hintergründe von dem, der die Sprache spricht, die Vermittlung der Botschaft, die Bereitschaft ihm zuzuhören und seine Botschaft aufzunehmen, das Verständnis für ihn, seine Beziehung zu den Zuhörern und umgekehrt. Die Vermittlung der Botschaft durch das Wesen eines Menschen ist meiner Meinung nach das Verstehen einer Sprache. Ich kenne Ehepaare, die sich gegenseitig sehr gut verstehen und verständigen, obwohl beide in Fremdsprachen kommunizieren müssen, weil keiner die Muttersprache des Partners kennt und obwohl Beide die genutzte Fremdsprache nicht gut beherrschen. Eine Sprache zu verstehen bedeutet nicht nur die Wörter und Sätze zu verstehen, sondern die Botschaft zu verstehen und die Botschaft anzunehmen.


Als wir den Gottesdienst noch auf Latein feierten, haben wir die Wörter und die Grammatik nicht verstanden, aber wir wussten, worum es ging. Seitdem wir den Gottesdienst vorwiegend in deutscher Sprache zelebrieren, verstehen die Leute alle Wörter und die Grammatik; aber es gibt trotzdem Mitchristen, die nicht wissen, worum es geht.  

In der Apostelgeschichte hörten wir, dass nach dem Pfingstereignis Petrus in der aramäischen Sprache predigte und Menschen verschiedener Sprachgruppen in ihrer Muttersprache Gottes große Taten hörten und verstanden: „Parther, Meder und Elamiter, Bewohner von Mesopotamien, Judäa und Kappadozien, von Pontus und der Provinz Asien, von Phrygien und Pamphylien, von Ägypten und dem Gebiet Libyens nach Zyrene hin, auch die Römer, die sich hier aufhalten, Juden und Proselyten, Kreter und Araber“, die Stadt Jerusalem war damals wie jede europäische Großstadt heute; Menschen aus allen Völkern und Nationen kamen dorthin zu Besuch oder lebten dort. Wenn wir lesen, dass alle diese Menschen die Predigt Petrus in ihrer Muttersprache verstanden, lesen wir auch gleichzeitig, dass es dort Leute gab, die es nicht verstehen konnten, sondern denen die Sprache sehr unklar erschien und daher darüber spotteten, dass Petrus und andere Jünger schon am Morgen von süßem Wein betrunken seien.  (Apo. 2:13) D.h. diejenigen die Petrus verstehen wollten oder die sich dem Wirken des Heiligen Geistes öffneten, haben die Botschaft seiner Predigt verstanden und sich der Person und der Botschaft Jesus geöffnet und fragten: „Was sollen wir tun, Brüder?“ und ließen sich im Namen Jesu Christi taufen zur Vergebung ihrer Sünden. Manche konnten dort Petrus nicht verstehen und sie meinten, Petrus sei betrunken.

Es gibt eine schöne Geschichte einer alten Dame, die über 2000 Jahre alt war und nie zum Arzt ging. Endlich als sie einmal beim Arzt war, sagte der Arzt, dass sie früher zum Arzt hätte kommen sollen, weil ihre Ohren nicht gut funktionierten, ihre Augen nicht gut sehen würden, ihre Nase nicht mehr gut riechen könne und ihre Zunge auch nicht in Ordnung sei, um passende Worte zu finden. Die Dame erwiderte, dass sie schon sehen kann, was sie unbedingt sehen will, dass sie hören kann, was sie täglich hört und hören will, dass sie riechen kann in ihrer Wohnung und sie reden kann, wie sie es möchte. Der Autor meint die heilige Kirche mit dieser alten Dame, aber uns kann in unserem Alltag das Gleiche passieren, dass wir die Sprache der Menschen nicht mehr verstehen, weil wir uns mit den Menschen nicht mehr verstehen und die Menschen nicht mehr verstehen wollen.  Wie im Pfingstereignis, alle Zuhörer verschiedener Nationalitäten die Predigt von Petrus verstanden, weil nicht nur Petrus, sondern auch die Zuhörer vom Heiligen Geist erfüllt waren und alle bereit waren, die Botschaft von Petrus zu verstehen und sie aufzunehmen, kann der Geist auch uns befähigen die Menschen zu verstehen.

Wir leben heute in einer digitalen Zeit, in der wir eine Vielfalt von Möglichkeiten erleben um zu kommunizieren, per Telefon, Email, mit Kontakten in sozialen Medien oder auf dem Bildschirm sich zu sehen, ohne sich persönlich begegnen zu müssen. Diese Kommunikation und das Verstehen müssen nicht immer der Wahrheit entsprechen. Aber wenn Menschen sich begegnen ohne digitale Medien, auch wenn sie die Sprache des anderen nicht richtig verstehen, wenn sie sich sehen, spüren, hören, in die Augen schauen, dann verstehen die Menschen besser und tiefer. So ein verstehen ist das Pfingstereignis.

Das Gegenteil zum Verstehen der Predigt des Petrus von Zuhörern verschiedener Sprachgruppen lesen wir in der Geschichte des Turmbau zu Babel, in der obwohl alle die gleiche Sprache sprachen, ein Zeitpunkt kam, dass sie die eigene Sprache untereinander nicht mehr verstanden.

Das bedeutet, ob wir einen Menschen oder seine Sprache verstehen können oder nicht verstehen können, das geschieht plötzlich, in einem Moment.
Beim Turmbau zu Babel haben sie plötzlich die eigene Sprache nicht mehr verstanden.
An Pfingsten haben viele Menschen plötzlich die Fremdsprachen verstanden.

Ich wünsche uns in der Gemeinde keine Stadt Babel mit ihrem Turm, in der alle die gleiche Sprache sprechen und sich trotzdem nicht verstehen, sondern eine Stadt wie Jerusalem am Pfingsttag, in der die Menschen verschiedene Sprachen sprechen und trotzdem alles verstehen.


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