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Freitag, 9. Mai 2014

Karfreitag 2014

PredigtLiebe Mitchristen,

alles, was wir in der Karfreitagsliturgie und in der Leidensgeschichte Jesu hören, stimmt uns traurig, wir sind entsetzt, deprimiert und enttäuscht. Die Passion, die Kreuzigung und das Kruzifix wirken erschütternd. Der Schrei Jesu: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen“, erschrak mich, als ich Kind war. Ich möchte nie in so eine Verlassenheitssackgasse kommen. Dazu kommt das Auslachen über Jesu mit den Worten: „Hilf dir selber, wenn du Gottes Sohn bist und steige herab vom Kreuz“. Alles undenkbar erschreckend.

Meine älteste Erinnerung der Teilnahme an einen Gottesdienst in der Karwoche als Kind, ist die Mitfeier der Karfreitagsliturgie und die Teilnahme des Kreuzweges am Karfreitag. Das Vorlesen der Leidensgeschichte, der Gedanke über die Passion Jesu und der grausame Tod Jesu haben mich als Kind sehr berührt und bewegt. Wenn ich heute von vielen Eltern  höre, dass ihre Kinder sich über die Passion und den Tod Jesu und die Leidensgestalt Jesu am Kruzifix erschrecken, kann ich es gut nachvollziehen. Aber ich denke, die Kinder sollten ruhig wissen und erklärt bekommen, was wir in diesen Tagen feiern, dann wird die Erinnerung ein Leben lang bleiben und positiv wirken, obwohl der Leidensweg Jesu und der Tod am Kreuz, den wir am Karfreitag nachvollziehen, nicht  so schön erscheinen, wie z. B. das Weihnachtsfest.

Wenn täglich im Fernsehen Mord, Tod und Gewalt gezeigt werden und Kinder und Jugendliche  nicht ganz davon abgehalten werden können, ist der Schrecken des grausamen Todes Jesu ein notwendiger Schock für uns alle, weil der Tod Jesu eine heilbringende Botschaft vermittelt.

Jesus war in den Augen seiner Zeitgenossen ein prominenter Wanderprediger und einer der die Strafe eines Kriminellen bekommen hat, obwohl er unschuldig war und eine Ehrung verdient gehabt hätte, statt der Strafe der Gefangenschaft und Tötung.

Jesus war das Opfer von Ungerechtigkeit. Deswegen finde ich das Unternehmen eines kenianischen Anwaltes interessant. Ein kenianischer Anwalt will in Revision gehen und Israel und Italien für die Hinrichtung von Jesus Christus verklagen. „Vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag soll bewiesen werden, dass die Kreuzigung Jesu unrechtmäßig gewesen ist. Nicht nur Italien und Israel sollen auf der Anklagebank Platz nehmen. Posthum sollen auch der römische Kaiser Tiberius, Pontius Pilatus und der biblische König Herodes zu Rechenschaft gezogen werden. Jesus sei ein Opfer von Menschenrechtsverletzungen geworden, ist sich der Anwalt sicher. Der Richter habe sein Amt missbraucht und sei voreingenommen gewesen.“… „Israel und Italien wurden mit angeklagt, weil sie Teile des römischen Rechts übernommen hätten.“

Der ungerechte Handel und die ungerechte Hinrichtung Jesu und an vielen Menschen vor und nach Jesus sollte uns ein wichtiges Thema des Alltages sein. Nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch heute gibt es überall Ungerechtigkeit. Ungerechtigkeit beginnt an der Haustür. In unserer modernen zivilisierten Welt gibt es genauso viel Ungerechtigkeit und Opfer an Unschuldigen, wie die Ungerechtigkeit damals bei Jesus. Was die Römer und die Juden Jesus angetan haben, geschieht heute an vielen Menschen und Völkern durch diktatorische Machthaber u. aggressive Fundamentalisten. Wie Jesus damals erlebte, erleben auch wir manchmal Ungerechtigkeit an der eigenen Seele. Arme Länder, reiche Länder, Millionengehälter und Mindestlöhne, Profitmaximierung der Unternehmer und Arbeitslosengelder,  Zurückweisung von Flüchtlingen, Erniedrigung von Frauen, sind nur einige Bereiche des ungerechten Handelns heute.

Jesus wehrt sich nicht gegen die Ungerechtigkeit. Jesus war wie ein Lamm, das zur Schlachtbank gebracht wurde. Er leidet unter der Ungerechtigkeit am eigenen Leib und seiner Seele. Er leidet unter der Ungerechtigkeit der Menschen und versucht die Gerechtigkeit Gottes zu offenbaren. Wenn wir das Leiden der Gerechten betrachten, stellen viele die Frage: Ist Gott ungerecht?

Gott geht nicht den Weg der Gerechtigkeit, Gott geht den Weg des Friedens und den Weg der Barmherzigkeit.

Der Gedanke über die Strafe für begangene Sünden kommt aus dem Gerechtigkeitsdenken der Menschen. Aber heute möchte ich weder über die Strafe noch gegen die Strafe reden, sondern über die Gerechtigkeit Gottes, die sich in Frieden und Barmherzigkeit entfaltet. Wir können die Gerechtigkeit Gottes nicht von seiner Barmherzigkeit, Treue, Güte, Gnade, Liebe und Vergebung trennen. Gott ist gerecht gegenüber seinem Volk, gegenüber jedem Einzelnen.

Der Psalm 103, 8-11: sagt: „Barmherzig und gnädig ist der Herr, langsam zum Zorn und groß an Gnade. Er wird nicht immer rechten, nicht ewig zürnen. Er hat nicht getan nach unseren Vergehen, nach unseren Sünden uns nicht vergolten. Denn so hoch der Himmel über der Erde ist, so übermächtig ist seine Gnade über denen, die ihn fürchten.“

Die Gerechtigkeit Gottes zeigt sich in seiner Barmherzigkeit. Die Kirche ist das Sakrament der Liebe und der Barmherzigkeit. Das Sakrament der Beichte ist das Sakrament der Barmherzigkeit Gottes. In seiner Barmherzigkeit erleben wir einen mitleidenden, gütigen  Gott. Die Worte im Gebet des Herrn: Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“ soll uns zu gegenseitigem Vergeben, zur  Liebe und zur Barmherzigkeit führen, damit die Gerechtigkeit Gottes offenbar wird.

„Jeder bekommt, was er verdient:“ sagt der Volksmund. Diese Tatsache erleben wir in drei Tagen am Ostermorgen. Jesus hat bekommen, was er verdient hat: die Auferstehung. Das gleiche wünschen wir uns allen: eine Auferstehung aus der Schuld und des Niederganges.
 

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