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Sonntag, 25. Dezember 2011

Die Barmherzigkeit Gottes



24. Sonntag im Jahreskreis
Mt. 18, 21-35
Predigt
Die Frage des Petrus, wie oft
er einem Schuldigen vergeben soll, beantwortet Petrus selber mit der zweiten
Frage, ob er sieben Mal vergeben soll. Petrus scheint großzügig zu sein mit
seinem Angebot sieben Mal vergeben zu wollen. Die Sieben ist eine heilige Zahl.
Die Zahl sieben zeigt eine Vollkommenheit. Außerdem ist es nicht leicht, sieben
Mal zu vergeben, weil es schon schwierig genug ist Jemandem nur ein- oder zwei
Mal zu vergeben. Aber Petrus schlägt vor, sieben Mal zu vergeben, was
vielleicht für viele von uns kaum vorstellbar ist. Ein Freund hat mir einmal
gesagt, einmal vergibt er; manchmal auch ein zweites Mal, aber mit dem dritten
Mal ist es für ihn aus. Dann will er mit dem Betroffenen keinen Kontakt mehr
haben. Ich bin sicher, viele von uns finden es großzügig, wenn unsere Nachbarn
oder Bekannten bei Unrecht und Streitigkeiten ein bis zwei Mal bereit sind, zu
vergeben.
Aber Jesus sagt
siebenundsiebzig Mal zu vergeben. Das bedeutet: wir sollen unbegrenzt unseren
Schuldigen vergeben. Die unbegrenzte Vergebung ist unvorstellbar für die
Menschen, weil kaum jemand es praktiziert. Man kann fragen, ob es denkbar ist,
unbegrenzt zu vergeben oder ob die Aussage etwa übertrieben ist oder wir
überhaupt immer vergeben sollen. D.h. vergeben und mehrmals wieder vergeben; so
geht es nicht mehr weiter, sagen wir dann bestimmt.
Das Gleichnis im Evangelium
zeigt auch einen großen Unterschied in der Einstellung zwischen dem König und
seinen Dienern. Zehntausend Talente die einer der Diener dem König schuldig
war, sind umgerechnet 21 Millionen Euro gewesen und 100 Denare die einer dem
Diener schuldig war, sind umgerechnet 35 Euro. Ein Diener der zehntausend
Talente schuldig war, empfing Erbarmen von seinem Herrn; aber dann traf dieser
einen Diener der ihm 100 Denare schuldig war, ihn hat er gestraft. Wie wir im
Evangelium lesen, findet Jeder das Benehmen vom Diener unmöglich und nicht zu
dulden. Durch dieses Gleichnis weist der Evangelist auf die Pflicht der
Christen, einander zu vergeben. Die Anweisung war für die Christen der ersten
Jahrhunderte notwendig.
Es gab oft
Meinungsunterschiede in mehreren Ebenen, Streit, Unzufriedenheit, obwohl wir
über die Gemeinschaft lesen, dass sie ein Herz und eine Seele waren. Bestimmt
waren sie ein Herz und eine Seele, wenn es um ihre christliche Gemeinschaft und
den Glauben an Jesus ging, dafür waren sie sogar bereit, ihr Leben hinzugeben.
Aber innerhalb der Gemeinschaft gab es oft menschliche Neigungen,
unterschiedliche Interessengruppen und sogar persönliche Interessen, was
eigentlich auch verständlich ist. Das Gleichnis im heutigen Evangelium zeigt
uns ein praktisches Beispiel des Gebetes Jesu, das wir in jedem Gottesdienst im
"Vater unser" beten, in dem wir sagen: vergib uns unsere Schuld, wie
auch wir unseren Schuldigern vergeben. Das Gleichnis zeigt nicht auf die
unbarmherzigen Gläubigen, unbarmherzige Christen, die immer auf die Schuld der
Anderen hinweisen, nie auf sich schauen und selber prüfen, was für Schulden sie
selber haben und wie sie auf die Großzügigkeit der Anderen angewiesen sind.
Vielmehr richtet dieses
Gleichnis den Blick auf die große Barmherzigkeit und die große Liebe Gottes,
die wir immer erhoffen und erfahren dürfen. Durch das Gleichnis sind wir
eingeladen, viel mehr an Gott zu denken, an die Großzügigkeit Gottes, an das
große Erbarmen Gottes, an die große Liebe Gottes. Der König des Gleichnisses,
der zehntausend Talente umgerechnet 21 Millionen Euro erlassen hat, steht für
Gott, der sich der Menschen unbegrenzt erbarmt und unbegrenzt seine
Unterstützung und Liebe anbietet. Die Anweisung Jesu an Petrus,
siebenundsiebzig Mal zu vergeben, nämlich unbegrenzt zu vergeben, zeigt was
Gott gegenüber uns Menschen tut, nämlich er vergibt uns unbegrenzt. In allen
Gleichnissen Jesu ist der Hauptdarsteller Jesus selber und Gott, der Vater. Im
heutigen Gleichnis ist der Hauptdarsteller der König, der seinem Diener
zehntausend Talente erlässt, der für Gott der Vater steht.
Es ist menschlich, dass wir in
allem erst an uns denken und nach unseren Maßstäben zu richten versuchen. Jeder
wird versuchen die Anderen zu richten, nach seinem Wissen, seinen Fähigkeiten,
seinen Erfahrungen. Heute lädt Jesus uns ein, weniger an uns zu denken, sondern
an Gott. Er lädt uns ein, zu versuchen zu erfahren, wie barmherzig Gott ist,
wie er seine Kinder liebt, wie wir ihm vertrauen können, wie großzügig Gott uns
helfen kann. Der Gedanke, mehr an Gott zu denken als an uns selber, könnte uns
helfen, glücklicher und zufriedener zu leben und sich immer wieder gegenüber
Gott und den Mitmenschen dankbar zu zeigen.
„Die Barmherzigkeit Gottes ist wie ein Bach, der über die Ufer getreten ist. Die
Herzen werden mitgerissen." Jean-Marie Vianney, besser
bekannt als der „Heilige Pfarrer von Ars".

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